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IN FORM beim internationalen Hidden Hunger Congress 2023

"Lebensmittel- und Ernährungssicherheit durch Schulverpflegung verbessern" - unter diesem Motto stand der 5. Hidden Hunger Congress Anfang September 2023 an der Universität Hohenheim.

Kinder in Schuluniformen essen zu Mittag (Indien)
Schulkinder beim Mittagessen in Indien. Bild: paltu/stock.adobe.com

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt, Studierende sowie Akteure aus dem Bereich der Kita- und Schulverpflegung trafen sich zum Austausch in Stuttgart-Hohenheim, um die gesamte Breite des Themas Kita- und Schulverpflegung auf internationaler Ebene darzustellen und Maßnahmen zur Ernährungssicherung von Kindern zu beleuchten. Mitarbeiterinnen der DGE-Sektion Baden-Württemberg und dem IN FORM Team standen Teilnehmerinnen in den Pausen für Fragen, Diskussionen und Informationen rund um die Ernährung und Gemeinschaftsverpflegung zur Verfügung.

In sechs Themenbereichen, verschiedenen Sessions und Posterpräsentationen berichteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über verschiedene nationale Ansätze im Bereich Schulverpflegung. Weitere Vorträge, Podiumsdiskussionen und Workshops unter dem Motto "Improving food an nutrition security through school feeding" (zu deutsch "Lebensmittel- und Ernährungssicherheit durch Schulverpflegung verbessern") behandelten Ansätze zur Ernährungsbildung für Kinder und Familien sowie die Vorteile von Schulgärten.

Dabei wurde der Frage nachgegangen, welche unterschiedlichen Anforderungen und Möglichkeiten hinsichtlich sozialer, ökologischer, ökonomischer und politischer Rahmenbedingungen bestehen und wie diese nachhaltig umgesetzt werden können. Der Kongress endete mit einer Podiumsdiskussion zu den Chancen und Risiken nationaler Schulverpflegungsprogramme.

Covid-Krise verdeutlichte die Bedeutung der Schulernährung

Der internationale Austausch - vom größten Schulernährungsprogramm der Welt in Indien über die lebenswichtige Versorgung von Kindern und Jugendlichen in einigen der ärmsten Länder Afrikas bis hin zu den Vorzeigeländern Schweden und Finnland - stand ganz im Zeichen der Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie. Die Bedeutung der Schulernährung, die bis dahin eher ein Insider-Thema für einen engen Kreis von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern darstellte, wurde weltweit erkannt: Für viele Kinder - ob in den ärmsten Staaten der Welt oder solchen, die in reichen Ländern unter schwierigen Bedingungen aufwachsen - ist das Essen in der Schule oft die einzige Mahlzeit des Tages. Schulschließungen während der Pandemie hatten für viele Kinder und Jugendliche dramatische Folgen. Laut der weltweiten Organisation School Meals Coalition betraf dies im April 2020 370 Millionen Kinder weltweit.

Ökonomische Betrachtung der Schulernährung

In verschiedenen Sessions gingen Rednerinnen und Redner der Frage nach, wie sich die Investitionen in Schulverpflegung in Zahlen ausdrücken lassen (Economic Value). Jeder investierte US-Dollar bringe eine Rendite zwischen 5 und 35 US-Dollar je nach den Gegebenheiten im betreffenden Land (Return on Investment - RoI). Die wichtige Bedeutung des Schulessens für Kinder und Jugendliche bezieht sich nicht nur darauf, dass diese Kinder gesünder aufwachsen. Sie genießen auch eine höhere Bildung und verbreiten ihr (Ernährungs-)wissen in ihren Familien. Darüber hinaus bieten Schulgärten auch Eltern die Möglichkeit, den Anbau bestimmter Lebensmittel zu erlernen, diese selbst regional anzubauen und damit ihr Familien zu versorgen bzw. ein Einkommen zu erzielen.

Globaler Aktionsplan für besseres Schulessen: die Hohenheim Declaration

Als Essenz des 5. Kongress Hidden Hunger präsentierten die Verantwortlichen die "Hohenheim Declaration". Sie gilt als Empfehlung für Schulverpflegung in allen Ländern der Erde. Beteiligt an der Erklärung sind die 2021 gegründete weltweite School Meals Coalition, die Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die Deutschen Welthungerhilfe sowie nationale und internationale Universitäten.

Hier die Kernpunkte

1. Jeder Mensch hat ein Recht auf Nahrung.

Die Ernährungssicherheit - insbesondere der Kinder - liegt deshalb in staatlicher bzw. öffentlicher Verantwortung und hat oberste Priorität.
Jedes Kind auf der Welt soll ein nahrhaftes Schulessen erhalten und die Chance haben zu lernen, zu wachsen und zu gedeihen. Entwicklungshilfeorganisationen sollten gezielt die Schulverpflegung der bedürftigsten Kinder in den ärmsten Ländern unterstützen.

2. Sowohl in den ersten 1.000 Tagen im Leben eines Kindes als auch in den darauffolgenden 7.000 Tagen sollte der Ernährung große Bedeutung beigemessen werden.

Die Ernährung eines Kindes in den ersten 1.000 Tagen ist entscheidend für das ganze Leben. Von großer Bedeutung sind aber eigentlich die ersten 7.000 Tage (bis zum Erreichen des Erwachsenenalters mit ca. 19 Jahren) des Aufwachsens und der Entwicklung.

In dieser Zeit investieren Staaten viel in Bildung. Angemessene Ernährung und Wohlbefinden sind entscheidende Faktoren für Lernerfolge, gute Gesundheit und Arbeitskraft. Hier liegt die hohe Bedeutung der Schulverpflegung für den Reichtum und die wirtschaftliche Entwicklung aller Staaten.

3. Ganztagsbetreuungen und Schulen müssen in Krisenzeiten geöffnet bleiben, um die Versorgung von Kindern mit Schulmahlzeiten zu gewährleisten.

Dies gilt auch während der Schulferien. Die verheerenden Auswirkungen von Schulschließungen während der Covid-19-Pandemie waren ein Grund für die Gründung der School Meals Coalition.

4. Schulverpflegungsprogramme sollten regionale Nahrungsmittel bevorzugen und so gesundes Essen mit lokaler Produktion und Wertschöpfung verbinden.

Auf diese Weise unterstützt das Schulessen die lokale Biodiversität, stärkt die Nahrungsmittel-Souveränität und unterstützt die lokale Landwirtschaft. Das unterstützt insbesondere Frauen in ländlichen Gegenden und einheimische Produzenten. Der ganzheitlicher Ansatz wird der engen Verknüpfung aus Gesundheit der Bevölkerung, Nutz- und Wildtieren, Pflanzen und der Umgebung inklusive dem Ökosystem gerecht. Schulverpflegungsprogramme sollten datenbasiert durchgeführt werden. Das Entwickeln von Richtlinien und Standards für die Schulverpflegung ist im Sinne der Erfordernisse der Kinder.

5. Programme für klimafreundliches Schulessen können eine Vorreiterrolle in den Klimaschutz-Bemühungen der Staaten spielen und Teil der globalen Ernährungstransformation sein.

Die Verbindung von Schulessen, Ernährung und Erziehung hin zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil sowie das Anlegen von Schulgärten helfen dabei, lebenslang erwünschtes Ernährungsverhalten und weitere Unterstützungen zu festigen. Gemeinsame Mahlzeiten fördern Tischmanieren und soziale Fertigkeiten. Die Wirkung von qualitativ hochwertigen Schulmahlzeiten und Schulverpflegungsprogrammen auf die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit muss noch weiter erforscht werden. Dies gilt auch für das soziale Verhalten und den Bezug zur Nahrungsumgebung.

Die Unterzeichnenden der Hohenheim Declaration hoffen, dass das Schulverpflegungsprogramm weiterhin als größtes weltweites soziales Sicherheitsnetz erhalten bleibt. Kinder sind unsere Zukunft. Effiziente, effektive und nachhaltige Schulverpflegungsprogramme werden demnach zum Schutz der Zukunft unserer Kinder und unseres Planeten beitragen.

Hintergrund: die School Meals Coalition

Die School Meals Coalition ist eine Initiative aus derzeit zirka 90 Regierungen verschiedener Länder sowie etwa 100 Sponsoren als Partnern. Ziel ist es, Schulernährungs- und Bildungsprogramme nach der Covid-Krise neu aufzubauen, zu verbessern und dafür zu sorgen, dass die weltweiten Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals - SDGs) erreicht werden.

In Kürze finden Sie weitere Informationen zum 5. Kongress in englische Sprache unter https://www.hiddenhunger-congress.de/

Hier gelangen Sie zur englischsprachigen Internetpräsenz der School Meals Coalition https://schoolmealscoalition.org/